Man muss kein guter
Mensch sein und sterben, um ins Paradies zu kommen. Ein Segeltrip zu
den San-Blas-Inseln vor Panama tut es auch.
Andi, Claudi und der
fortan als grüner Erwin bekannte Mitreisende aus München lernen
zunächst die Hölle kennen: Kurz nachdem wir Cartagenas Hafen
verlassen, wirbeln Gewitterstürme unseren Katamaran durch die Gegend
und einige Landratten ihr Essen. In den zwei Tagen auf offener See
sieht man kaum jemanden an Deck: Seekranke leiden in ihren Kajüten
still vor sich hin. Der Kapitän pooft auch ganz gerne und überlässt
das Steuer dem Autopiloten. Das kann an den Pillen liegen, die er
gegen Seekrankheit schluckt, der kleine Seebär mit jahrelanger
Segel-Erfahrung. Selbst die Fische pennen. Andis und Markus
Angelköder bleiben jedenfalls unberührt.
Dann: das Paradies.
Türkises Wasser, runde palmenbewachsene Inselchen mit weißem Sand,
halbnackte Kuna-Indianer in rustikalen Holzkanus.
Eins steuert
unseren Katamaran an. Die Indianer wollen ihr Handy aufladen. Im
Paradies gibt es nämlich keinen Strom. Dafür Sandfliegen. Die
stehen besonders auf Erwin, der fortan als Streuselkuchen-Erwin
bekannt ist. Bevor er sich seinen Rücken dermaßen verbrennt, dass
er von da ab der rote Erwin heißt.
Markus und Andi haben
sich als glücklose aber beharrliche Angler einen Namen gemacht.
Während Kapitän und Mitreisende überlegen, wie sie unauffällig
einen den Kuna abgekauften Fisch an den Haken der beiden stecken
können, passiert es tatsächlich: Ein lebendiger Fisch beißt
freiwillig an. Und was für einer. Dass er Parasiten hat und wir ihn
nicht essen können: Nebensache.
Ein anderes Segelboot hat auf der
Überfahrt von Cartagena nämlich so einen Riesen-Thunfisch gefangen,
dass unser Katamaran mit seiner 15-köpfigen Besatzung inklusive dem
roten Erwin gleich mitversorgt wird. Andi und Markus, den Anglern der
Herzen, wird applaudiert, während man den Fang eines anderen
Fischers verzehrt.
Jetzt sind die zwei nicht
mehr zu stoppen. Als nächstes haben sie einen Hai an der Angel.
Jawoll, einen Hai.
Doch Fabián, unser 1,50 Meter kleiner
kolumbianischer Kapitän, hat ein großes Herz. Der Hai muss zurück
ins Wasser.
Das finden nicht nur die
Angler schade. Als wir am nächsten Tag lange zu einem Surfspot
paddeln, wünscht sich auch Lotte, die Jungs hätten den Hai
kaltgestellt. Und die Krokodile gleich mit (gibt es auf den
San-Blas-Inseln nämlich auch).
Jedenfalls ist surfen im Paradies
traumhaft: keine anderen Surfer weit und breit und das Riff unter uns
gestochen klar erkennbar.
Aber das Paradies hat
auch seine Schattenseiten: Das Kokosnuss-Monopol der Kuna-Indianer
zum Beispiel. Kapitän Fabián duldet keine illegalen Kokosnüsse auf
seinem Boot. Vor allem der Kokovare Markus tut sich damit schwer und
schwimmt heimlich auf die Inseln, um im Gestrüpp verbotene
Kokosnüsse zu trinken. Dafür riskiert er gerne sein Leben. Lotte
riskiert ihres lieber bei Kraxelaktionen auf Palmen.
Die Angelhelden lassen
sich nicht beirren. Schließlich ziehen sie auch einen Fisch aus dem
Wasser, der an Bord serviert wird. Als es zwischenzeitlich so
aussieht, als könnten wir etwas länger im Paradies stranden, freuen
sie sich. Selbstversorgung auf dem Meer, sie sind bereit.
Die panamaische
Einwanderungsbehörde veranstaltet nämlich gerade eine Fortbildung
in Panama-Stadt zur Legalisierung illegaler Einwanderer. Und hat zu
diesem Anlass auch einen Beamten vom Einwanderungsbüro in Porvenir
eingeladen. Den einzigen Beamten dort. Im Paradies gibt es also keine
Einreisestempel.
Unser Kapitän muss uns in einem anderen Hafen
absetzen. Wir gewinnen einen Tag auf den San-Blas-Inseln und zwölf
Stunden extra Segelei, bevor wir in Portobelo Festland betreten.
Und hier ist die neuste BZ-Kolumne. Es geht um
andere Backpacker