Montag, 27. Mai 2013

Kolumbien - Schluss mit Tierliebe

Blutrot das Shirt, blutrünstig das Lachen: die neue Lotte
Viele Reisende schwärmen von Kolumbien. Manche küren es zum schönsten Land, in dem sie je waren. Von Anden bis Tropen bis Wüste bis Karibik gibt es in Kolumbien alles, und die Salsa-Rhythmen und gut gelaunten Menschen machen es zu einem großartigen Reiseland. So die anderen.

Andi und Claudi, der erste Besuch aus Freiburg, vor einem Traumstrand bei Taganga
Um diese Kolumbien-Begeisterung zu verstehen, muss man wahrscheinlich nach Deutschland blicken, das katastrophale Wetter in Betracht ziehen und wissen: In Deutschland hören die Menschen freiwillig Salsa-Musik und tanzen dazu. 
Wir sitzen mittlerweile lieber neben einem Technoschuppen als dieses nie enden wollende Liebes-, Leidenschafts- und Lebensfreude-Geklimpere für umherschwappende Silikonbusen und Po-Implantate zu ertragen. Kolumbien ist König der Schönheitsoperationen. Das Resultat: Atombrüste und -ärsche, auf denen man problemlos ein Tablett abstellen könnte. Gerne tragen diese Überfrauen auch ihre Telefone im Dekolleté. Vom I-Phone guckt dann gerade mal ein kleines Eckchen heraus, bei bestimmten Bewegungen verschwindet es ganz.
Die so freundlichen und gut gelaunten Menschen erzählen unermüdlich, wie gefährlich ihr Land ist und, was wir alles nicht machen sollen. Kurz: ein Kokain-versautes Land, in dem die Leute denken, wenn sie nur lang genug tanzen, sich mit Rum abschießen und die Musik laaaaaut genug aufdrehen, sei alles in Ordnung. Argh. Kolumbien und Karibik, erstmal nicht so unser Ding.

Natürlich finden wir auch in Kolumbien schöne Ecken und sympathische Menschen. Das arme Land hatte es ja wirklich nicht einfach mit all den Bürgerkriegen. Die Aggressionen richten sich mittlerweile vor allem gegen die Kokain schnupfenden Idioten bei uns.

Jedenfalls reist es sich besser zu viert. Mit Andi und Claudi organisieren wir von Taganga aus einen Fishing-Trip, bei dem wir Fisch für vier Mahlzeiten fangen. Der Fischer, der uns aufs karibische Meer mitnimmt, heißt el tigre, der Tiger, und weiß offensichtlich, wo man seine Nylonschnur ins Wasser tunken muss.

Da zappelt es
Zwei Fischköppe
Voila I
Voila II
Ein Ausflug in den Nationalpark Tyrona wird zum Überlebenskampf: Eine hoch giftige Schlange infiltriert den Campingplatz, ein Tropensturm setzt Andis und Claudis Zelt unter Wasser und zwingt sie, in Hängematten umzuziehen, unzählige Mücken und andere Pieks-Viecher amüsieren sich über unser Insektenspray und in der Lagune nebenan lauern Alligatoren.

Schön aber spaßfrei - Tyrona Nationalpark
Da hilft es auch nicht, dass Andi und Markus eine Kokosnuss nach der anderen von den Palmen holen und mit diversen Knacktechniken öffnen.

Giftige Schlange mit Matschebirne durch Machetenschlag
Außerdem gibt es Naturpark-Ranger/Soldaten, die uns alles verbieten, weshalb wir in den Nationalpark gekommen sind: Man darf nicht surfen, nicht schwimmen, nicht angeln, kein Feuer machen, keinen Spaß haben.

Die Aligatoren-Lagune, Blick von unserem Zeltplatz. Gezeigt haben sich die Viecher nicht und sich aufs Angstmachen aus dem Off beschränkt
Nix wie weg hier, hottehue
Wir ziehen also weiter nach Palomino, wo wir surfen, schwimmen, angeln und Spaß haben. Höchst erfolgreich kombiniert Andi sogar Schnorchelei mit Surferei mit Angelei und zieht vom Surfbrett aus angelnd, mit einer Schnorchelmaske bekleidet, einen Fisch aus dem Wasser. Und Kokosnüsse gibt es auch für Markus` neues Hobby.

Tauch-Surf-Angler Andi mit freudiger Tierkiller-Lotte
Palomino - wunderbarer Strand, Kokosnüsse en masse und keine Ranger/Soldaten weit und breit
Die Fußballfans unter uns (Claudi und Markus) wollen das Champions-League-Finale nicht verpassen. Das ist dermaßen wichtig, dass wir uns um einen Tag vertun und frühzeitig in Cartagena eintreffen, Kolumbiens Karibikperle. Während wir darauf warten, dass unser Katamaran nach Panama ablegt, müssen wir feststellen: Die Stadt gefällt uns tatsächlich:

Kolonial I
Kolonial II
Kolumbianischer Knackarsch mit neidischer Mini-Lotti
Wabbel-di-Salsa
Todesmutiger Stadtmauertanz
Cartagena-Regel: Verlasse das Haus nie ohne Hut, sonst wirst du von Hutverkäufern belagert
Piraten der Karibik
Punker der Karibik
Und das Neuste aus der BZ-Kolumnen-Fabrik widmet sich dem Umgang mit Kaffee in Ecuador.

Mittwoch, 15. Mai 2013

Galapagos zu Wasser

Wasser und Land und mitten drin: Lotte
Höhepunkte unseres Galapagos-Abstechers sind die Schnorchelausflüge. Sobald wir von einer der Inseln ins (übrigens kalte) Meer waten und unsere Köpfe ins Wasser stecken, eröffnet sich uns eine irrwitzig lebendige und bunte Unterwasserwelt.
 
Schnorcheln ohne Neopren war nur einmal drin.
Schildkröten schwimmen gemächlich an uns vorbei. Robben umkreisen uns weniger gemächlich. Folgen wir ihren Pirouetten, schließen sie uns in das Spiel mit ein und stupsen uns an. Zentimeternah schießen sie mit ihren großen Kulleraugen an unseren Gesichtern vorbei. Einmal haben wir Glück und treffen einen Meeresleguan unter Wasser an. Wie ein Krokodil schlängelt sich der kleine Drache durchs Wasser – auf der Suche nach Algen, das ist das Schönste. Leguane sind Quasi-Vegetarier. Wie Markus.


Galapagos-Pinguine
Richtig aufregend ist ein Schnorchel-Tripp zum León Dormido, zwei Felsen, die westlich von San Cristóbal aus dem Meer ragen. Dort schnorcheln wir durch einen 60 Meter tiefen Kanal, der die beiden Felsen trennt.


Unter uns: dutzende Riffhaie. Neben uns: teppichgroße Rochen. Wir wussten gar nicht, dass Rochen Köpfe haben. Und Gesichter. Und nicht nur flunderartige Viecher sind.

Nein, das ist keine Fotomontage!


Was könnte so viel Glück im Meer noch steigern? Genau, Surfen. Auf Santa Cruz teilen wir uns die Wellen von Tortuga Bay nur mit einem anderen Surfer und ein paar Schildkröten. Das Wasser ist dermaßen türkis, dass wir uns kaum konzentrieren können. Auf San Cristóbal gibt es verschiedene Lava-Riffs, die, wenn alles zusammenkommt, ganz großartige Wellen produzieren. Im Wasser tummeln sich neben vielen Robben leider auch einige Locals. Und der Zugang über eine Militärzone ist...sagen wir mal...willkürlich. Wenn aber Robben um einen herumspringen und dann noch den Surfer, der einem die ganze Zeit die Vorfahrt nimmt, von seinem Brett kippen, dann ist alles gut. Galapagos-Glück. Seufz.

Hier ist vor allem das Blau beeindruckend...
...und hier die Furchtlosigkeit vor scharfkantigen Lavafelsen
Ach so. Neben den Tieren und den Wellen ist uns noch etwas Wunderbares widerfahren: Statt jeweils 400 US-Dollar für den Flug nach Galapagos und zurück zu zahlen, haben wir gemeinsam 390 Euro für beide Flüge zusammen hingelegt. Dank Findigkeit, eines Fehlers im System und guter Spanischkenntnisse.

Diese Kolumne hat gar nix mit Galapagos zu tun. Aber mit Ecuador. Und der Liebe im Lied.

Galapagos zu Land


Jurassic Park?
Nein, das Paradies!
Nein, Galapagos ist nicht nur eine alte-oder-betuchte-oder-beides-Leute-Nummer. Galapagos kann auch zwei knausrige gefühlt-noch-Studenten-beziehungsweise-Arbeitslose sehr glücklich machen. Über die hundert Dollar Eintrittsgebühr für den Nationalpark trösten uns binnen weniger Sekunden die kugelrunden Augen unzähliger Seehundbabys hinweg. Die Hafenpromenade von Puerto Baquerizo Moreno auf der Insel San Cristóbal ist nämlich fest in Seehundhand: Auf Bänken, Bürgersteigen und Treppenabsätzen lümmeln sich unzählige fast gespenstisch zutrauliche Robben.

Seehunde: die Herren des Hafens
Auf der Hafenmauer widmen sich Blaufußtölpel der Federpflege. Im Hafenbecken steckt eine Schildkröte den Kopf aus dem Meer. Und dann spaziert noch ein kleiner Drache ganz gemächlich über den Pier. Meeresleguane haben die tollsten Punkerfrisuren. Die Reise hat sich gelohnt, beschließen wir kurz nach unserer Ankunft. Danke an alle, die uns hingeschickt haben.

Die schönsten Füße von Galapagos
Punker-Drache
Aber werden wir in diesem Paradies sterben? Die Überfahrt nach Santa Cruz ist halsbrecherisch. Dass wir unterwegs Delfine sehen: feine Sache. Aber Lotte hat gerade Todesangst. An Bord der kleinen Nussschale mit dem vertrauenserweckenden Namen „Riff“ gibt es keine Rettungswesten, die Surfbretter sind unverantwortlich weit weg von uns verstaut und das Geschaukel ist beträchtlich. In Santa Cruz entschädigen uns Riesenlandschildkröten und Landleguane für die aufregende Bootsfahrt. 

Wem gehört dieser Fuß?
Mir nicht!
Spinnst du?
He he he, meiner!
Auf dem kleinen Fischmarkt von Puerto Ayora, Santa Cruz' "Hauptstadt", werden die Verkäufer von allen Seiten belagert. Die treusten Kunden: Seehunde und Pelikane.

Her mit dem Fisch!
Auf Isabela, der größten Insel des Archiepels, machen wir eine Radtour, die uns an Riesenschildkröten vorbeiführt und zu Fuß endet. Lavagestein und Fahrradreifen vertragen sich nicht so gut.

Noch ist Luft in den Reifen
Gruppenbild mit Dame(n)
Ein Spaziergang zum Sonnenaufgang wird mit dem Anblick von Flamingos belohnt. Gott muss auf Ecstasy gewesen sein, als er diese Techno-Viecher erschaffen hat. Im stillen Wasser der Lagune posieren die Tiere ganz possierlich.


Am Strand dann stoßen wir auf die Leguan-Autobahn ins Meer. Morgens watschelt alles, was Drache ist, zum Algen-Frühstück ins Meer. Geniale Überleitung zu unserem nächsten Post: Galapagos zu Wasser.

Gruppenkuscheln

Sonntag, 5. Mai 2013

Anden-Abenteuer


Ich bin ein wandelnder Pullover
Gäbe es einen Soundtrack zu unserem Ausflug in die Anden, dann wäre es „Tiere um uns“ von Blumfeld. Statt atemlos auf den ständig in Wolken gehüllten Cotopaxi zu klettern, mit 5897 Metern Ecuadors zweithöchster Vulkan, haben wir uns entschieden, eine Mehrtageswanderung von Tigua, 100 Kilometer südlich von Quito, über Quilotoa nach Chugchilán zu machen. Das kostet keine 200 Dollar pro Nase, erfordert keinen Guide und kein Eiskletter-Equipment. Also: viel mehr unser Ding.

Erst ein halbes Jahr alt und schon größer als ein Kalb
Erste Station unseres Anden-Trips war eine Farm in Tigua auf 3450 Metern Höhe. Dort gab es einen ponygroßen Bernhardiner, freiherumlaufende Alpacas und Lamas, zwei Tage alte Kälbchen und ein Eselbaby: Lotte war im Himmel.

Zwei Indio-Jungs haben ständig versucht, das Eselbaby von seiner Mutter fortzulocken, um an ihre Milch zu kommen.
Stadtkind zeigt Dorfjunge, wie schön es ist, ein Kälbchen mit rauer Zunge an der Hand nuckeln zu lassen.
Markus auch. Aber bei ihm lag das vor allem am Essen. Es war das beste unserer Reise: Aus der Milch, die kleine Indio-Mädchen großen Kühen per Hand entlocken, wird auf der Farm Joghurt, Butter und Käse hergestellt. Herrlich. Rare Güter in unserer Reise-Diät. Der Flexitarier Markus isst den besten Lammbraten seines Lebens und abends lesen wir uns neben dem gusseisernen Ofen laut vor, in der Hand die beste heiße Schokolade der Welt.

Kinderarbeit I
Kinderarbeit II
Zum Abendessen gab's canelazo, ein warmes Zimt-Maracuja-Alkohol-Gemisch. Leeecker.
Die Farm, die Tiere, die Anden, den Ofen, all das hatten wir für uns allein. Da scheint auch die Kinderarbeit um uns herum fast schon romantisch.

Unterwegs von Tigua nach Quilotoa
Nächster Stopp: Quilotoa (3800 Meter). Dass wir in diesem Nest am Rande eines atemberbaubenden Kratersees die einzigen Touris sind, finden wir ziemlich schnell nicht so toll. Die gesamte indigene Einwohnerschaft der kleinen Gemeinde hat sich darauf verlegt, kitschige Andenbilder zu malen, Andenmützen zu stricken und Andenmasken zu schnitzen. Da die Touris wegen der spektakulären Landschaft eh kommen, scheint Qualität sowohl in der Kunst als auch bei den Unterkünften keine Rolle zu spielen.

Der Herr im Hause unseres "Hostals" heißt ironischerweise Miguel Angelo und malt furchtbare Andenkust in Massenproduktion. Seine Frau serviert uns das wiederlichste Essen der Reise und erklärt, sie wolle noch mehr Zimmer anbauen. Die vorhandenen erstmal fertig zu stellen, steht nicht zur Diskussion. Wir haben das ungute Gefühl, dass die zwei auf dem völlig falschen Weg sind. Wir akzeptieren nach Terpentin riechende Laken, eine grandiose Fehlkonstruktion des Aushängeschildes, das nachts einen windigen Beat schlägt, Essen, das selbst eine Mülltonne ekeln würde, und finden in unserem feuchtkalten Bett mit Kuhle in der Mitte nur eine halbe Stunde Schlaf. Kritik äußern: unmöglich. Dass Miguel Angelo für einen Flug auf die Galapagos-Inseln spart und glaubt, dort seine Kunst gewinnbringend verkaufen zu können, macht uns traurig.

Der Kratersee von Quilotoa
Die Rundwanderung entlang des Kraters ist wunderschön: unten der schillernd grünblaue See, ringsherum schneebedeckte Vulkane, Ruhe und Einsamkeit. Pferde, Schafe und Schmetterlinge sind die einzigen Lebewesen, die wir treffen.

Blaue Blumen, grüner See
Schneebedeckte Vulkane im Hintergrund
Schneebedeckte Vulkane im Vordergrund
Bussi im Blumenmeer - auch wir können Andenkitsch
Am nächsten Morgen flüchten wir nach Chugchilán. Die Wanderung ist wunderschön, das Hostal ("Cloud Forest"), in dem wir ankommen, ebenso. Außerdem treffen wir ein großartiges dänisches Paar, mit dem wir seitdem unterwegs sind. So ein Pferderitt schweißt wohl zusammen: In Chugchilán schwingen wir uns am nächsten Tag nämlich auf Pferde und reiten zu viert fünf Stunden lang durch die Anden-Landschaft.

Wikinger zu Pferde
Lotte und Laura zu Pferde
Markus' Pferd verdient sich ziemlich schnell den Namen „angry horse“, weil es immer nach den anderen schnappt. Wenn es nicht gerade am Pupsen ist. Lotte reitet eine schwangere Stute namens Maria, die es sich trotz Kugelbauch nicht nehmen lassen will, immer die erste zu sein. Das Pferd von Laura, der Dänin, hat eine Motorrad-Phobie. Und Mark, der Däne, will eigentlich nur Schritt reiten. Sein Pferd aber nicht. Es setzt sich durch. Nach gemeinsamer Todesangst beim Galopp und gemeinsamen Po-Schmerzen am nächsten Tag geht es zu viert weiter nach Quito.

In Style zu Pferde: Schwarzwald-Cowboy
Unser Ausritt führt uns an einer Käserei vorbei. Der Käse schmeckt klasse. Seltsam. Eine Schweizer NGO steckt dahinter. Ach so.
Obwohl das Hostal, in dem wir unsere Surfbretter und großen Rucksäcke untergestellt haben, voll ist, findet der nette argentinische Besitzer Unterschlupf für uns. Die Dänen kriegen ein Zelt im Garten aufgestellt, wir dürfen im Zimmer des Sohnes übernachten. Jetzt genießen wir gerade ein bisschen die Infra-Struktur einer großen Stadt mit anständigen Supermärkten, Kino und internationaler Küche. Wir können es aber kaum erwarten, wieder am Meer zu sein. Galapagos, wir kommen.

Wer bis hierher durchgehalten hat, bekommt noch einen Bonus: Peruanisches Universalspezifikum

Mit einer Skigondel ohne Ski auf 4100 Meter und auf die Dächer von Quito heruntergeguckt