Montag, 28. Oktober 2013

Endspurt in Costa Rica


Costa Rica ist ein guter Übergang, haben wir uns gedacht. Preislich (teuer!), kulturell (USA = omnipräsent) und zivilisatorisch (kaum Stromausfälle) können wir uns hier langsam wieder auf Deutschland einstellen.


Zu diesem Zweck haben wir auch zwei Transitionshelfer eingeflogen: Kob und Flo, liebe Freunde aus Freiburg. Das sind zwei, mit denen man Pferde stehlen kann. In unserem Fall: Krokodile angeln, Surfbretter verheizen und mit Jeeps durch Flüsse schwimmen.


Letztes Mal haben wir uns in Costa Rica nicht vom Fleck (aka Pavones) bewegt. Diesmal: Kontrastprogramm. Mit unserem schnittigen Mietauto geht es die Pazifik-Kueste rauf und runter.


Nach feinen Wellen in Playa Hermosa machen wir uns auf in den Norden des Landes, um dort einen berühmten Spot (Witches Rock) zu surfen. Das klappt leider nicht. Im Nationalpark erfahren wir, dass man dort in der Regenzeit ohne Boot nicht hinkommt. Außerdem erklärt uns die freundliche Dame vom Turtle Conservation Center, wie man Schildkröteneier zubereitet. Tierschutz á la Costa Rica.


Der Surftrip wird zur Jeepsafari. Sehr zu Freuden vom Tuning-Hinsberger. Flo macht sich als Schotterpistensau einen Namen. Der Weg nach Santa Teresa führt uns durch Matschlöcher, Bächlein und ausgewachsene Flüsse. In zwei Tagen legen wir 190 Kilometer zurück. Schließlich will uns das Navi durch einen Fluss führen, den nur das Batmobil passieren könnte. Zum Glück treffen wir einen Einheimischen mit Motorrad, der uns für einige Dolarito den richtigen Weg zeigt – durch etwas weniger tiefe Flüsse.


Endlich in Santa Teresa angekommen wird gesurft. Und Gruppenyoga gemacht, um sich von den psychischen Strapazen der Reise zu erholen. Kob muss besonders viele Kobras und Hunde machen, denn er hat besonders stark gelitten. Seit wir auf unserer Jeeptour eine Nacht an einem Strand campiert haben, ist Kob nämlich surfbrettlos. Nachts hat man ihm seinen Rüssel geklaut. Auch Flo ist angeschlagen. Seine Schuhe wurden entführt.

Der Morgen, an dem der geliebte Ruessel nicht mehr da war
Bhujangasana - die Kobra. Links: wie es sein soll (oder so aehnlich), rechts: die falsche Ausfuehrung
Gruppenyoga
 Zwischendurch gibt’s einen Abstecher ins Landesinnere. In Santa Elena fliegen wir wie Tarzan durch den Dschungel. Bisweilen fühlen wir uns zwar eher wie DHL-Päckchen. An Stahlseilen befestigt werden wir im Dschungeldach von einem Baum zum nächsten geschickt. Die ganze Nummer ist ziemlich touristisch. Macht aber Spaß. Vor allem der freie Fall am Ende.



Einen ähnlichen Adrenalin-Schub kriegen wir ein paar Tage später gratis, als wir ein Krokodil angeln. Und das kommt so: Der Flo hat eine wasserfeste Kamera. Mit der dokumentiert er so ziemlich alles. Als wir unter einer Brücke einen Haufen Krokodile sehen, ist klar: Die werden gefilmt. An einer Wäscheleine lässt er die Kamera hinab.

Nein, die Krokodile wollen nicht vor die Kamera. Sie wollen sie essen.
Das stößt unten auf reges Interesse. Versuchsweise (auf seinen Wunsch) wird die Kamera mit einem Stein ersetzt. Am Ende des Versuchs ist der Flo sehr froh, dass wir die Kamera mit einem kleinen Steinchen ersetzt haben. Ein Krokodil schnappt zu als wäre es ein Hähnchenschlägel. Nach kurzem Tauziehen und gerissener Schnur zittern Markus die Knie. So einen dicken Fisch hatte er noch nie an der Leine.

Ordentliche Jungs da unter der Bruecke, wie der Autoreifen zeigt
Wer hat mein halbes Maul gemampft?
Die letzten Tage surfen wir uns noch etwas dumm und dusseliger, dann fliegt Flo zurück in die Schweiz. Auch wir müssen Kob jetzt alleine weitersurfen lassen. Der Sack. Wenn ihr mögt, hinterlasst doch etwas Böses auf seinem Blog Urlaubsteller

Lotte
Markus und Lotte

Kob
Flo
Und jetzt noch ein paar Bilder, wir haben einfach zu viele..
Kolibris sind wunderbar
Das sagen wir zu den Amis, wenn sie rechte Milizen mit Waffen unterstuetzen und dann ihr Flieger abstuerzt. In your face aus dem Cockpit..
Wer erkennt das Faultier?
Florian und der Nasenbaer
Schoene Bucht
Schoene Kuh mit Freund
Flo am Lagerfeuer
Klein-Markus und der grosse Baum
  In der vorletzten Kolumne geht es um Spinnen,Schlangen und Australier.

Samstag, 12. Oktober 2013

Mexiko - para siempre


Man koennte meinen, Lotte will bei solchen Zimmernachbarn nie wieder nach Mexiko. Weit gefehlt. Sie will hierbleiben. Aber ich lasse sie nicht. Der Kompromiss lautet: Sobald wie moeglich wiederkommen. Jetzt, da sich unsere Reise dem Ende naehert, koennen wir Mexiko eindeutig zum Lieblingsland kueren. Und davon halten uns auch keine Taranteln ab.

Lieblingsland, ganz klar
Mit unseren australischen Freunden, Cam und Sophie, schlagen wir unser Basislager in Barra de la Cruz auf. Wir wohnen bei Pepe, der antikapitalistischen Version eines Businesses. Alles basiert auf Vertrauen, die Autovermietung funktioniert ohne feste Preise, ohne Absprachen und natuerlich ohne Versicherung. Jeder Surfer, der Barra je besucht hat, kennt Pepe. Pepe selbst surft nicht. Er ist ein Baseballnarr und trimmt seinen Sohn fuer die Profi-Liga. Als der Sechsjaehrige im Hof ein paar Baelle schlaegt, wollen sich ein paar Gringos gleich Autogramme holen. Der Kleine ist beidhaendig und trifft jeden Ball.

Cam und Mexikos zukuenftiger Baseballstar
Pepe ist eine Legende
Barra de la Cruz ist unglaublich schoen. Und wir meinen nicht nur die Wellen. Die Suedwestkueste von Mexiko ist ein Traum. Das hat auch mit der Tierwelt zu tun. Dass Sophie und Cam binnen drei Tagen zwei  Taranteln in ihrem Zimmer finden, meinen wir damit weniger. Ist aber nur halb so schlimm. Die einzigen Tiere, vor denen Sophie wirklich Angst hat, sind Krabben.


Mit Cam und Sophie sind wir mittlerweile zwei Monate unterwegs. Wir verstehen uns praechtig. Die beiden sind genau nach unserem Geschmack: Entspannt, (selbst-)ironisch und schonungslos.

Sophie und Cam
So kommt es, dass Lotte nun ein paar wenig schmeichelhafte Spitznamen hat. Etwa Terminator oder T-Rex. Wenn sich aeltere Surfer aus Kalifornien im Wasser partout nicht an die Regeln halten wollen, kommt ihr schon mal ein "what the fuck is wrong with you old men?" ueber die Lippen. Da ist es gut, dass wir in einer Gruppe unterwegs sind. Noch ein netter Spitzname ist Bat. Wenn wir morgens im Dunkeln zum Point hinauspaddeln, sieht die nachtblinde Lotte noch recht wenig. Ein Quell grosser Freude fuer alle anderen.

Lotte in Barra
Markus in Barra
Chipehua
Funktioniert die Welle in Barra mal nicht oder wollen wir etwas Abwechslung, schnappen wir uns eine von Pepes Schrottmuehlen und machen Tagesausfluege zu anderen Surfspots im Sueden von Mexiko. Unser Van steckt ja immer noch in El Faro fest. In Chipehua, einer weiteren Weltklasse-Welle, haben wir mal wieder etwas Glueck. Der Point laeuft.

Chipehua
Chipehua
Am 6. Oktober hat Cam Geburtstag. Endlich mal ein Geburtstag, den sich Markus merken kann. Er reitet die Welle seines Lebens. Eine grosse rechte Barrel. Da das Fotomaterial nicht die wahre Qualitaet der Welle wiederspiegelt, gibt es hier nur die Feier zu sehen. Den Rest bitte vorstellen. La Bocana am 06.10.2013: legendaer.

La Bocana
Auch ein Beachbreak kann perfekt sein
Markus und Cam, kurz bevor beide vom Tubemonster verspeist werden
Ein ander Mal werden wir in La Bamba fuendig. Aus irgendeinem Grund haben wir die Wellen fuer uns alleine. Koennte mit der Dengue-Epidemie zu tun haben, die im Surfcamp dort in der Naehe ausgebrochen ist. Oder den Sandfliegen. Egal.

Lotte in La Bamba
Die Lagune hinter La Bamba
Lotte in La Bamba
Dann brauchen wir mal eine Surfpause. Die Arme tun weh, die Hueftknochen sind aufgeribbelt, Wunden an den Beinen wollen mal verheilen. Unseren surffreien Tag verbringen wir im Gefaengnis von Tehuantepec. Dort werden naemlich die feinsten Haengematten Mexikos hergestellt. Wir hoffen sehr, dass unsere von einem ganz finsteren Drogenbaron geknuepft wurde.

Ausflug ins Gefaengnis
Der Abschied faellt schwer. Nicht nur von unseren australischen Reisefreunden. Die alte Doña in Pepes Restaurant faengt an zu weinen, als wir gehen. Einer anderen Señorita des Kuechentrios muessen wir versprechen, bald mit Baby zurueckzukommen. Und Pepe will uns gar nicht bezahlen lassen. Wir seien doch jetzt Teil der Familie. Mexiko, warum verlassen wir dich? Dazu noch vor dem Día de los Muertos mit all den reizenden toten Braeuten?


Und fuer alle Nicht-Surfer, die bis hierhin durchgehalten haben: Einen Tag verbringen wir auch in Oaxaca und geniessen den Mix aus indigenen Wurzeln, Kolonialismus und Katholizismus. Zusammen mit ein paar lokalen Spezialitaeten. Lotte waechst mal wieder ueber sich hinaus und verspeist eine Heuschrecke.

Made gefaellig?
Hier wird nicht nur posiert. Lotte hat sich die Proteine nicht entgehen lassen.
Mjam
Mit dem letzten Bus des Tages fahren wir noch schnell zum Monte Albán, einer Ruinenstadt der Zapoteken. Die ist schoen, aber nicht umwerfend und muss sich ganz klar hinter Tikal und Machu Picchu einreihen. Jetzt haben wir also die Inka, die Maya und die Zapoteken besucht. Fuer die Azteken muessen wir nochmal herkommen. Wir wollen es in zehn Monaten ja nicht uebertreiben.



Die neuste Zeitungs-Kolumne handelt von Missverstaendnissen in Mexiko

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Mexiko - Nach dem Sturm

Die Tropenstürme Manuel und Ingrid haben Mexiko ziemlich auseinandergenommen. Chacahua scheinen wir gerade noch rechtzeitig verlassen zu haben. In den mexikanischen Nachrichten taucht unser versunkenes Surfparadies auf. Nach Acapulco, wo mittlerweile Krokodile durch die Straßen schwimmen und 40.000 Touristen festsitzen.


Nach einem kurzen Zivilisations-Zwischenstopp in Puerto Escondido ziehen wir weiter nach Barra de la Cruz. Seit dort 2006 ein Wettkampf der weltbesten Surfer stattgefunden hat, ist der rechte Pointbreak bekannt. Allerdings haben sich die Sandbänke verändert, weil die Gemeinde dort ein Strandrestaurant hingesetzt hat. Nun haben Manuel und Ingrid das Restaurant weggespült. Für die Menschen dort nicht so gut. Für die Sandbänke sehr gut. Ein einheimischer Surfer sagt uns, dass die Welle seit Jahren nicht mehr so schön gelaufen sei. Wir sind mit unseren australischen Reisefreunden zunächst fast alleine in Barra und surfen uns dumm und dusselig.


Das ändert sich schlagartig. Es spricht sich herum, das Barra läuft, und das rustikale Camp, in dem wir wohnen, füllt sich fast im Minutentakt mit Surfern. Da wir nur noch zu viert surfen wollen, brechen wir zu einem weiteren Abenteuer auf: Zurück zum trockenen Fluss. Zurück dorthin, wo unsere Hurrikanabenteuer begonnen haben. Zurück zu unserem Van.


Obwohl es so aussieht, als würde Ingrid aus der Karibik zu uns herüberwandern, machen wir uns auf nach El Faro. Zweimal sind wir schon gemeinsam fast untergegangen. Ein drittes Mal kriegen wir das auch noch hin.


Als wir in Río Seco ankommen, fließt der trockene Fluss noch immer. Am Tag zuvor ist der Militärmonstertruck, der uns damals rausgebracht hat, steckengeblieben. Wir haben keine andere Wahl als die sechs Kilometer zum Strand zu laufen. Moises, einer der dreißig Genossen, die die Hütten am Strand betreiben, begleitet uns mit zwei Pferden. Der Fluss ist nur knietief. Unsere Hoffnungen, den Van bald rausholen zu können, steigen. Und zerschellen, als wir beim Waten durch die überflutete Straße bis zum Hals in schlammigem Wasser versinken. Die Pfütze, in der wir einmal mit dem Auto steckengeblieben sind, hat sich zu einer Lagune verwandelt.

Romantisch, allerdings ist das unser Weg...
Dank den Pferden kriegen wir unsere Sachen trocken zum Strand und in die Hütten. Dort gibt es keinen Strom. Dafür eine tote Ratte in der Küche. Und in jedem Zimmer eine Schlange. Cam und Sophie entdecken ihre erst am nächsten Morgen. Unterm Bett auf Höhe der Köpfe hat sie die Nacht bei ihnen verbracht.



Alles egal, solange unser Plan aufgeht, perfekte Wellen alleine zu surfen. Wir machen uns auf, die vier Kilometer zum Surfspot zu wandern, als wir ein Brummen in den Dünen hören. Plötzlich steht ein roter Quad vor uns. Auf ihm sitzt unser ganz persönlicher Superheld: Andrés.



Andrés ist Biologe und soll sich um die Schildkröten am 15 Kilometer langen Strand von Morro Ayuta kümmern. Und darum, dass die Dorfbewohner sie und ihre Eier in Frieden lassen. Zu diesem Zweck wohnt er am Strand. Der Schildkrötenmann ist ziemlich einsam und freut sich immens über Gesellschaft. Gegen ein ordentliches propina (Trinkgeld) missbraucht er sein schnittiges Dienstgefährt, um uns jeden Tag zum Surfspot zu bringen und wieder abzuholen. Wir können unser Glück kaum fassen.
Noch weniger, als wir die Wellen sehen. Vier Tage lang haben wir 500 Meter lange rechte Wellen für uns. Nur zum Mittagessen unterm mitgebrachten Schattensegel wird kurz pausiert. 



Markus erweckt den Schreiner in sich und rüstet unser Verschnaufhüttchen am Strand mit Bank und Tisch aus.


Als wir Faro muskelverkatert verlassen wollen, steckt der Armeetruck schon wieder fest. Ein neuer Fahrer hat das gute Stück im Fluss auf (Treib)-Sand gesetzt. Drei Reifen gucken schon in die Luft, erzählen uns die Einheimischen, die uns jeden Tag besuchen und etwas Essen bringen (zwar nie das, was wir bestellen, aber essbar). Mittlerweile hat es schon wieder geregnet und die Lagune ist tiefer geworden. So tief, dass Moises sein kleines Pferd auf der anderen Seite zurücklassen muss.



Wir bauen ein Surfbrett-Floß, um unser Gepäck trocken zu transportieren. Diesmal ist das Wasser so tief, dass wir an einigen Stellen schwimmen müssen. Schlammig, stinking und überglücklich verlassen wir unseren Lieblingsspot. Dass es keine Hoffnung gibt, den Van während der Regenzeit zu befreien, kann unsere Laune nicht trüben.


Zurück in Barra erleben wir ein Déjavu. Die Wellen sind grandios und kaum jemand ist da, um sie zu surfen. Wir schreiben Tag zehn pefekter Surfbedingungen. Heute machen wir einen Stadttag in Huatulco. Wir können einfach nicht mehr.

Und Kolumne Nummer...(keine Ahnung) rechnet mit unseren klobigen Wanderschuhen ab.